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Taschenfeitel-1980er-Jahre-F 15875In den letzten sieben Ausgaben von BRAUCHma! gab es jeweils einen Beitrag über "Ausgezeichnete Schätze" - Das Kulturerbe der UNESCO in Oberösterreich. Mit der aktuellen Ausgabe (Nr. 273) ist diese Serie zu Ende. Dieses Mal geht es um traditionelle Handwerkstechniken - sie zählen zum immateriellen Kulturerbe. Erläutert werden das "Pechöllbrennen im östlichen Mühlviertel", "apothekeneigene Hausspezialiäten", die "Trattenbacher Taschenfeitel-Erzeugung" und "Ratschen in der Karwoche". Hier ein Auszug aus dem Beitrag von Dr. Thekla Weissengruber.

Pechölbrennen

Aus verschiedenen harzreichen Nadelhölzern, vornehmlich der Tanne, Kiefer, Föhre und Fichte, wird das Pechöl destilliert. „Aus dem Harze bereitet der Pecher durch das Verfahren des Abdunstens das Terpentin und andere Öle, wie sie in den Waldgegenden gegen allerhand Krankheiten und Gebrechen in großen Mengen verwendet werden. Ich habe schon mehrmals zugesehen auf so einer Brennstelle, wie die schwarze Masse kocht und brodelt, bis sie in geschlossene Tonbehälter kommt, aus welchen ihr zu gewinnender Gehalt durch Röhren in die Zuber und Flaschen übergezogen wird. Mit diesen Zubern und Flaschen in einem großen Korbe geht nun der Mann hausieren. Der Holzschläger kauft Pechöl gegen jegliche Verletzung, die er sich in seinen Kämpfen mit dem Walde zuzieht. Der Kohlenbrenner kauft Pechöl gegen Brandwunden; der Kohlenführer für sein Roß; der Branntweinbrenner für sein Fäßlein. Der Wurzner kauft gegen Verrenkungen und gegen Bauchgrimmen, das er sich durch seine meist ungekochte Nahrung zuzieht. Das Kleinbäuerlein weiter draußen kauft Pechöl für sein ganzes Haus und Vieh, gegen alle bösen Zustände.“ So lautet der eindrucksvolle Bericht von Peter Rosegger (1843–1918) aus eigener Erfahrung in den Schriften des Waldschulmeisters. Was nun für die Steiermark scheinbar allgegenwärtig war, wurde auch im Mühlviertel seit vielen Jahrhunderten ausgeübt, ein Wissen, das sich bis in die heutige Zeit erhalten konnte und nun eine Renaissance erlebt. Als steinerne Zeugen dieser alten Handwerkskunst haben sich vielerorts die Pechölsteine erhalten. (Bild: Abgefülltes Pechöl heute. Quelle: Archiv H. Sandner.)

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Apothekeneigene Hausspezialiäten

Seit dem beginnenden Mittelalter kümmerten sich Klöster um die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Dazu zählten auch die Pflege von Kräutergärten und das Führen von Apotheken, wie der Lagerraum für Heilmittel bezeichnet wurde. Diese klösterlichen Apotheken werden bis heute als „Hausapotheken“ weitergeführt. In Oberösterreich ist dies bei den Barmherzigen Brüdern und den Elisabethinen bis heute üblich. Bis ins zwölfte Jahrhundert bildeten Arzt und Apotheker einen Berufsstand. Erst unter Kaiser Friedrich II. wurde festgelegt, dass ein Arzt in seinem Haus keine Arzneien zubereiten durfte. Ungefähr zur gleichen Zeit kam es auch in Österreich zur Ausbildung eines eigenständigen Apothekerwesens. Eine Apothekerordnung aus dem Jahre 1465 regelte die Anzahl der Apotheken, die sechs- bis siebenjährige Lehrzeit, die notwendige Kenntnis der lateinischen Sprache und auch die sachgerechte Lagerung der Medikamente. (Apotheke Stift Klosterneuburg (NÖ), die vom 16. Jahrhundert bis 1920 bestand. Quelle: Stadtmuseum Klosterneuburg.)

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Trattenbacher Taschenfeitel-Erzeugung

Seit beinahe 600 Jahren wird in Ternberg im Trattenbachtal ein klappbares Taschenmesser mit Holzgriff produziert. Bereits 1422 wurde die Messererzeugung erstmals urkundlich erwähnt, und schon 1682 konnten die Trattenbacher Messerer als eigenständige Zunft anerkannt werden. Es „kamen mir da und dort vage Gerüchte zu Ohren von einer rührigen Arbeitergemeinde, weit hinter hohen Bergen, in einem schmalen Graben an der Enns. Niemand wusste mir etwas Genaueres davon zu melden und man kam auf dieses Thema nur, wenn von den armen Messerern in Grünburg, Steinbach oder Neuzeug die Rede war; man wollte eben ein Beispiel anführen, dass es bei diesen nicht so sein müsse, wie es leider der Fall ist, denn die Industriellen am Trattenbache seien ja auch nur Messerer und ihr Erzeugniss das anspruchsloseste, der Taschenveitl. Man wisse jedoch, dass bei ihnen keine Noth herrsche, dass die Mitglieder der Genossenschaft fest zusammenhalten und jeden sich anbietenden ‚Verleger‘ mit vereinten Kräften zum Thale hinausjagen.“ So beschreibt der k. k. Gewerbe-Inspector Dr. Heinrich Vittorelli den Exkurs „Die Trattenbacher“ in seinem Amtsbericht aus dem Jahre 1890. Genau sind hier auch die damaligen Probleme und Vorteile betont, die die Trattenbacher Messerer auszeichnen und von anderen Messerern abheben. Das Handwerk und die Kenntnisse um die Herstellung des manuell gefertigten klappbaren Taschenmessers bedarf einer genauen Kenntnis über Materialien und eine langjährige Erfahrung im Umgang mit Metall, Holz und Wasserkraft, die bis heute meist mündlich und über betriebsinterne Aufzeichnungen weitergegeben werden. (Bild: Trattenbacher Taschenfeitel, 1980er-Jahre. Quelle: Oberösterreichisches Landesmuseum.)

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Ratschen in der Karwoche

Neben den Schaubräuchen, Feuerbräuchen, Maskenbräuchen, Heischebräuchen, Familien- und Gruppenbräuchen gibt es auch die Lärmbräuche, die durch ihr Geräusch Aufmerksamkeit erreichen wollen. Dazu gehört das Ratschen in der Karwoche, das in verschiedenen Formen in den Tagen vor Ostern in weiten Teilen Österreichs ausgeübt wird. Lärmproduzent ist dabei die sogenannte Ratsche, ein Holzschrapinstrument, das allein durch die Bewegung die typischen Geräusche verursacht. Die Ratsche ersetzt dabei in katholischen Gegenden von Gründonnerstag nach dem Gloria der Messe vom letzten Abendmahl den gesamten Karfreitag und Karsamstag über bis zum Gloria in der Osternacht die Kirchenglocken, die aus Trauer über den Tod Jesu verstummt sind. Nach dem Volksglauben sind sie alle zur Beichte „nach Rom geflogen“. Um dennoch das Angelusläuten durchführen zu können, wird meist um 6.00 Uhr, 12.00 Uhr und 18.00 Uhr lautstark das Glockengeläut durch das Ratschen ersetzt. Der Begriff des Ratschens, in anderen Gegenden des Klapperns, Schlederns oder Klachelns wie auch des lärmerzeugenden Rasselns, wird seit dem Ende des Mittelalters verwendet. (Foto: Ratscherbuben vor 1940. Bildquelle: Oberösterreichisches Landesmuseum. Bildarchiv Volkskunde.)

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